
Versichert ist nicht gleich sicher – warum Pflichten vor und nach Vertragsabschluss entscheidend sind
Viele glauben: Versicherung abschließen – Prämie zahlen – und fertig.
Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Wer wirklich sicher versichert sein will, muss einige Regeln beachten – vor und nach dem Abschluss. Und wer hier nicht genau hinschaut, riskiert im Ernstfall seinen Versicherungsschutz.
Rechtspflichten vs. Obliegenheiten – was ist der Unterschied?
Im Versicherungsrecht unterscheidet man zwei Arten von Pflichten:
Rechtspflichten sind gesetzlich vorgeschrieben und können notfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Ein Beispiel: Die Pflicht, die Versicherungsprämie rechtzeitig zu zahlen.
Obliegenheiten hingegen sind besondere Verhaltensregeln für Versicherte. Sie sind nicht einklagbar, haben aber eine große Bedeutung: Wer eine Obliegenheit verletzt, riskiert, dass die Versicherung im Schadenfall nicht zahlt – zumindest teilweise oder sogar ganz.
Schon vor dem Vertragsabschluss: Wahrheitspflicht beim Antrag
Bevor ein Versicherungsvertrag überhaupt zustande kommt, müssen Antragsteller*innen den Versicherer über alle risikorelevanten Umstände vollständig und ehrlich informieren. Das ist eine sogenannte vorvertragliche Anzeigepflicht, geregelt in den §§ 16 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG).
Wer hier wissentlich etwas verschweigt – zum Beispiel eine Vorerkrankung in der Krankenversicherung – verliert unter Umständen den gesamten Versicherungsschutz.
Während der Laufzeit: Gefahrerhöhungen melden!
Auch nach Vertragsabschluss besteht Informationspflicht: Wenn sich die Risiken während der Laufzeit erhöhen – zum Beispiel durch eine gewerbliche Nutzung eines versicherten Gebäudes – muss das dem Versicherer unverzüglich mitgeteilt werden. (§§ 23 ff. VersVG)
Wer das schuldhaft unterlässt, verliert unter bestimmten Bedingungen den Versicherungsschutz. Nämlich dann, wenn die sogenannte Gefahrerhöhung tatsächlich mit dem eingetretenen Schaden zusammenhängt.

Vertragliche Obliegenheiten – was Versicherer zusätzlich regeln dürfen
Neben den gesetzlichen Vorgaben dürfen Versicherer in ihren Vertragsbedingungen weitere Obliegenheiten festlegen. Grundlage ist § 6 VersVG. Man unterscheidet dabei:
Primäre Obliegenheiten: Sie gelten vor dem Schadensfall, z. B.:
Sekundäre Obliegenheiten: Sie greifen nach dem Schadensfall, z. B.:
Die gute Nachricht: Der Versicherer darf nur dann Leistungen kürzen oder verweigern, wenn die Obliegenheitsverletzung schuldhaft war – also vorsätzlich oder fahrlässig. Das muss der Versicherer beweisen.
Und selbst dann hat der Versicherungsnehmer noch eine Chance: Mit dem sogenannten Kausalitätsgegenbeweis kann man zeigen, dass die Pflichtverletzung keinen Einfluss auf den Schaden hatte. In dem Fall muss der Versicherer zahlen.
Aber Achtung: Der Oberste Gerichtshof (OGH) beurteilt diesen Nachweis sehr streng!
Vorsicht bei Risikoausschlüssen – manchmal verstecken sich Obliegenheiten dahinter
Manche Klauseln in Versicherungsbedingungen sehen wie Risikoausschlüsse aus, sind in Wahrheit aber verhüllte Obliegenheiten. Auch hier gilt: Es braucht eine schuldhafte Pflichtverletzung und der Versicherte kann den Kausalitätsgegenbeweis führen. Der § 6 VersVG ist also auch hier anwendbar.
Fazit:
Versicherung ist kein „Einmal-und-fertig“-Thema. Zwischen Antrag, Polizze und Schadenfall liegen viele Stolpersteine in Form von Rechtspflichten und Obliegenheiten. Wer hier den Überblick behalten will, braucht klare Information und laufende Beratung – und genau dabei unterstütze ich Sie gerne.